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thmmax FahrbetriebsleiterIn
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Beitrag #100160 Erstellt: 04.06.2015 20:12 Stadtbahn Jerusalem |
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Liebes Forum,
letzten Monat war ich beruflich für einige Tage in Jerusalem. Seit 2010 gibt es dort eine Stadtbahn, die große Ähnlichkeiten zu Innsbruck aufweist. Einerseits aufgrund der schwierigen Topografie (Steigungen mit bis zu 9%, enge Kurvenradien), aber andererseits auch in der Ausführung: es handelt sich um eine Durchmesserlinie von 13,8 km und 23 Haltestellen.
Ähnlich wie in Innsbruck hat sich der Bau jahrelang verzögert, eigentlich hätte die Bahn bereits 2000 in Betrieb gehen sollen. Wie sich in den einschlägigen Online-Quellen nachlesen lässt, wurde beim Bau wohl derart gepfuscht, dass unter anderem alle Schienen wieder ausgebaut werden mussten.
Die Bahn verkehrt durchgehend (!) auf einem eigenen, baulich abgetrennten Gleiskörper, im Zuge der Bauarbeiten wurden alle Straßen neu gestaltet. Zum Einsatz kommen 46 Alstom Citadis (Normalspur), die in fixen Doppeltraktionen gekoppelt sind (Länge ca. 65 m).
Da die Bahn quer durch die Stadt und damit auch nach Ostjerusalem (je nach Definition in die palästinensischen Gebiete) führt, gab es über den Streckenverlauf starke Kontroversen. Die Bahnen sind aus Sicherheitsgründen mit kugelsicheren Scheiben ausgestattet, Sicherheitspersonal ist sowohl an den Stationen als auch in den Bahnen.
Ebenfalls wie in Innsbruck muss die Bahn relativ häufig Straßen queren (und z.B. auch in die Mitte der Straße und dann wieder auf die Seite queren). Während es hier anfangs wohl starke Probleme gab, funktioniert die Bevorrangung mittlerweile perfekt würde ich sagen! Während meiner Zeit in Jerusalem bin ich kein einziges Mal mit der Tram an einer roten Ampel gestanden (und es sind wirklich sehr viele!). Es gibt sogar beschrankte Grundstückszufahrten. Durchschnittlich alle fünf Stationen gibt es außerdem Gleiswechsel oder sogar ein drittes Gleis (@Innsbruck )
Auch die Haltestelleninformation funktioniert sehr gut, sowohl auf Hebräisch, als auch auf Arabisch und Englisch. Alle Informationen und Displays wechseln zwischen den drei Sprachen; alle Haltestellen sind mit Automaten ausgestattet (Einzeltickets auf Magnetstreifenbasis oder Zeitkarten mit RFID). Die Abfertigung erfolgt interessanterweise ohne Sichtkontrolle, es wird einfach so lange eine Zwangsschließung durchgeführt bis alles zu ist
Hier einige Fotos (aus Zeitgründen leider nur wenige):
Doppeltraktion an der Endhaltestelle Mount Herzl
Gleiswechsel und Abstellgleis Mount Herzl
9% Steigung zwischen City Hall und Damascus Gate, ausgeführt als Blockabschnitt
In der Realität ist es wirklich unglaublich steil!
Eigentrasse im Bereich Ha-Turim
Auffahrt auf die Calatrava-Brücke, ebenfalls als Blockabschnitt (siehe Signal rechts)
Spektakuläre "Weiße Harfe", die Brücke ist nur für die Straßenbahn reserviert (da könnte man architektonisch etwas für Innsbruck lernen )
Endstation in 'Heil Ha-Avir (hier können insgesamt vier Doppeltraktionen abgestellt werden)
Edit: was ich ganz vergessen habe: in der Stoßzeit ist die Taktfolge ca. fünf Minuten! Und an den Endhaltestellen gibt es sogar Reinigungstrupps
LG Max
Zuletzt bearbeitet von thmmax: 04.06.2015 21:41, insgesamt einmal bearbeitet
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Zillerkrokodil FahrbetriebsleiterIn
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Beitrag #100163 Erstellt: 04.06.2015 21:10
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Tolle Fotos !
Kann man im Stadtgebiet von Jerusalem gefahrenlos fotografieren ?
So eine Harfenbrücke könnten wir zwischen Kranebitten und Völs auch gut brauchen !
Aber da bin ich eher pessimistisch .
LG Zillerkrokodil
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thmmax FahrbetriebsleiterIn
Alter: 30
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sLAnZk BeherrscherIn allen Verkehrslebens
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Beitrag #100166 Erstellt: 04.06.2015 21:22
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Spitzenaufnahmen - ich bin der andere positive Klick - die Gestaltung bzw. was man davon auf den Photos sieht, wirkt sehr positiv.
Auf der homepage vom Jüdischen Museum in Hohenems sieht man ein paar Straßenszenen, die ein wenig wie Maria Theresien-Straße süd wirken, nur großflächig und durchgehend gepflastert (und man sieht keine Autos, sondern nur Fußgänger).
Eine solche Trambrücke als Statement ist wirklich attraktiv, darüber sollte man in Innsbruck doch wieder nachdenken.
Es kreist die Tram in meinem Kopfe
herum fährt sie mit Strom
es liegt so Spannung an meinem Schopfe
das hab ich jetzt davon.
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thmmax FahrbetriebsleiterIn
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Beitrag #100167 Erstellt: 04.06.2015 21:44
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@sLAnZk: danke! Das stimmt, mehr oder weniger die komplette Jaffa-Street (DIE Hauptstraße) wurde durch die Tram autofrei! Auch sonst ist die Gestaltung gut gelungen finde ich, auch durch Pflasterung, Begrünung, Haltestellenanlagen...
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Aus FahrbetriebsleiterIn
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Beitrag #100169 Erstellt: 05.06.2015 12:26
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Ich bin ein großer Fan der Jerusalemer Tram und habe ihren Bau und auch die Inbetriebnahme oft vor Ort verfolgt.
Hier hat man wirklich geschafft, was in Innsbruck komplett verfehlt wird: Eine komplette Neugestaltung des öffentlichen Raums entlang der Stadtbahn. Nicht von ungefährt wurde die gesamte Bahn von französischen Firmen geplant und umgesetzt. Das merkt man einfach schon an der Qualität der Stationen, dem weitgehend eigenen Gleiskörper, hochwertigen Materialien entlang der ganzen Bahn, Rasengleise etc.
Besonders die Jaffa Straße, das moderne Zentrum der Stadt hat sich komplett gewandelt. Als ich vor 2007 dort war, da fuhren noch die Autos und Busse durch. Die ganze Straße war heruntergekommen: Billigläden, Fressbuden, schäbige Häuser. Jetzt gibt es geradezu einen Boom entlang der Straße. Viele alte Fassaden wurden renoviert, neue Gebäude werden hochgezogen und langsam kommen auch die qualitativen Geschäfte wieder zurück.
Natürlich gibt es auch Probleme mit der Tram: Besonders am Anfang war sie furchtbar langsam, mit dauernden Stopps, ähnlich wie in Innsbruck beim 3er. Die Ampelschaltungen haben ein halbes Jahr überhaupt nicht funktioniert, weshalb es dann Freifahrten gab und der Takt massiv reduziert war. Erschwerend war, dass die Autofahrer nicht mit den Trams umgehen konnten und die Verkehrsführung des MIV natürlich komplett verändert wurde, durch die Totalsperre der Jaffa Street für Autos und Busse. Inzwischen hat es sich recht gut eingependelt.
Übrigens: Die Signale und Verkehrszeichen erinnern frappierend an jene in Deutschland. Soviel ich weiß stand die deutsche BOStrab Pate für die israelische Gesetzesregelung.
PS: Und zum Fotographieren: In Israel gibt es keinerlei Fotographierverbote im öffentlichen Raum. Abgesehen von einzelnen militärischen Einrichtungen wo es anders ist. Die findest du aber nicht im Jerusalemer Stadtgebiet.
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Wolfgang VerkehrsstadträtIn
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Beitrag #100170 Erstellt: 05.06.2015 12:36
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Bei den Fahrkartenautomaten gibt es allerdings noch deutliches Verbesserungspotential, um einen Einzelfahrschein zu erwerben sind eine ganze Reihe von Eingaben nötig.
Als Reaktion auf die Anschläge in den letzten Wochen und Monaten sind die Haltestellen im Osten der Stadt inzwischen mit Betonklötzen gesichert. Das ist nicht ästhetisch, allerdings leider notwendig.
Zuletzt bearbeitet von Wolfgang: 05.06.2015 12:37, insgesamt einmal bearbeitet
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Martin Weltverkehrs-ImperatorIn
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Beitrag #100541 Erstellt: 28.07.2015 20:39
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Die Brücke ist eine super Landmark und sieht auch statisch zwar expressiv, aber schlüssig aus. Gut photographiert!
Sind die Straßenbahnen nun mit Abteilen nach Männern und Frauen getrennt ausgestattet (das war mal eine Diskussion)?
Beim Weiterbau sieht es ja mittlerweile auch wieder bessser aus
Im übrigen bin ich der Meinung, dass die Regiotram (=Nebenbahn) jedenfalls von Zirl bis Mils geführt werden muss.
Die von mir aufgenommenen Fotos stehen unter CC-BY-SA 3.0 und können gerne der Lizenz entsprechend weiterverwendet werden.
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Wolfgang VerkehrsstadträtIn
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Beitrag #100555 Erstellt: 29.07.2015 10:38
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Martin schrieb: |
Sind die Straßenbahnen nun mit Abteilen nach Männern und Frauen getrennt ausgestattet (das war mal eine Diskussion)? |
Nein.
Das Straßenbahnprojekt in Tel Aviv scheint jetzt übrigens auch voran zu gehen.
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thmmax FahrbetriebsleiterIn
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krisu Temporär gesperrter User
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