Autor Nachricht
manni
BeitragErstellt: 13.06.2008 11:30    Titel:

Am 3. Juni 1905 schrieben die Innsbrucker Nachrichten:


3. Juni: (Die neuen Wagen für die elektrische Straßenbahn.)
Dieser Tage sind die Wagen für die elektrische Straßenbahn, vorläufig sieben an der Zahl, hier eingetroffen und in der bei der Station "Berg Isel" neuerbauten Remise untergebracht worden. Sie sehen sehr schmuck aus, da die Wände in prächtigem Rot gehalten sind, von welchem sich die !lichtbraunen Rahmen der großen Fenster schön abheben. Das Straßenbild Innsbrucks dürfte sehr an Lebhaftigkeit gewinnen, wenn die schönen WAgen auf den neugebahnten Schienenwegen dahinrollen. Die Eröffnung der elektrischen Straßenbahn ist für den 1. Juli anberaumt".


103 Jahre später ist die Situation nicht unähnlich, eine Aufbruchsstimmung ist da, uns allen ist ja bewusst dass die neue Tram mehr als nur ein Fortbewegungsmittel ist, sie ist auch Stadtmobiliar und zu einer Zeit der internationalen Tram-Renaissance nicht zuletzt Modeerscheinung, Städte mit modernem Straßenbahnsystem sind auf der Höhe der Zeit.

Was du beschreibst, Werner, habe ich ähnlich erlebt, allerdings nur mit den Hagenern und den Bielefeldern, diese wurden damals auch als neu empfunden, obwohl sie es nicht wirklich waren, da allerdings begleitend nichts unternommen wurde - das Fünfminutenintervall wurde bald wieder abgeschafft, die Tram blieb gleich langsam - war dieser "Bonus" bald wieder dahin... was ich meine, ist, dass es jetzt darum geht, die Tram in den Schlagzeilen zu halten, ein-, zwei Mal im Jahr muss die Presse in größerem Umfang positiv darüber berichten, sonst haben wir bald zwar neue Fahrzeuge, die aber keinem Innsbrucker mehr auffallen, weil er sich eh schon dran gewöhnt hat, und sie nur noch das relativ neue Gesicht der alten Straßenbahn sind.

Wenn ich nun versuche, ein paar Jahre nach vorne zu schauen, dann würde ich mir die folgenden positiven Schlagzeilen wünschen:

- Juli 2008: Spatenstiche für die Strecke zum Bahnhof Hötting und die Verlängerung nach Amras-Ort

- Frühjahr 2009: Umstellung aller Linien auf Ticketverkauf am Automaten mit Straffung des Fahrplans und damit kürzeren Reisezeiten

- Mitte 2009: Ausschreibung der restlichen 8 Bahnen für die Linie O und der Bahnen für die Stadtbahn

- Ende 2009: Fertigstellung der Strecke zum Bahnhof Hötting, Beginn der Probefahrten, Weiterbau Richtung T/AHS/PHS

- Mitte 2010: Eröffnung Linie 3 bis Bahnhof Hötting

...

Wenn all das so eintrifft, und das sollte es eigentlich, dann geht was weiter und dann werden die Leute auch weiterhin das Gefühl haben, dass die Tram an Bedeutung gewinnt.

Wünschen würde ich mir aber vor allem auch eine umfassende Information der Öffentlichkeit über das gesamte Straßenbahn-/Regionalbahnprojekt.
Und damit meine ich nicht einzelne Presseaussendungen, magere Übersichtspläne und eine einzelne Seite mit den grundlegendsten Informationen auf ivb.at wie bisher, sondern eine aufwändige, umfassende Internet-Plattform mit allen Details, wie sie etwa auch die NAVEG in Linz betrieben hatte.
werner
BeitragErstellt: 12.06.2008 13:52    Titel:

Hallo!
Das erinnert mich an meine Kinder- und Jugendjahre: Ich habe damals ebenso über die ersten Lohner-Gelenkwagen, später über die ersten Hagis und Bielefelder gestaunt und öfters eine Bahn abgewartet. Allerdings war bei der Mehrheit der Bevölkerung damals die Begeisterung nicht so groß, da sich diese Fahrzeuge zu wenig unterschieden.
Gespannt bin ich, ob gegen Ende des Jahres nicht das Bild umkehrt: In einem Anfall von Nostalgie werden sich die Leute erfreut auf die letzten Lohner oder Bielefelder stürzen. big grin
manni
BeitragErstellt: 12.06.2008 11:10    Titel: Implikationen der Tram-Erneuerung

Um das mal kurz anzureißen: vor Inbetriebnahme des ersten Flexity führte das System Straßenbahn in Innsbruck eher ein Schattendasein. Es wusste zwar jeder, dass es die Straßenbahn gibt, aber im Empfinden der meisten Menschen war sie eher so etwas wie die Warze an der schwer erreichbaren Stelle des Körpers, die einfach immer schon da war und die man nicht weiter beachtet.

Seit jedoch die Fuhrparkerneuerung begonnen hat, ist die Straßenbahn zum echten Hingucker geworden, und zum Gesprächsthema auch unter Leuten, die sonst gar nichts mit Straßenbahnen am Hut haben. Auf der Straße, hier bei mir im Büro, überall wird die neue Tram immer wieder erwähnt. Ich habe auch das Gefühl, dass eine neue Generation von Straßenbahn-Fans entsteht lachen, weil mit schon öfter in letzter Zeit Kinder aufgefallen sind, die extra auf einen Neuwagen warteten um damit zu fahren, genau wie wir Tram-Fans halt.

Das alles ist ein Effekt, von dem ich zwar aus anderen Städten gehört bzw. gelesen habe, den ich jetzt aber zum ersten Mal selbst erlebe. Mit den Neufahrzeugen hat die Tram einen großen Bonus. Jetzt geht es darum, diesen Bonus zu bewahren und der recht begeisterten Bevölkerung positiven Nachschub zu liefern, durch mit der Fuhrparkerneuerung einhergehende Verbesserung des bestehenden Systems, was ja auch schon geschehen ist (neue Haltestellen), aber noch deutlich intensiviert werden kann (eigene Gleiskörper), und durch rasche Inbetriebnahme der Neubaustrecken.

Wenn dann im Juli die Baumaschinen für die Strecke Richtung Linserareal auffahren, sollten die Menschen wissen, dass auch dort schon bald die schnittigen roten Gefährte übers Gleis sausen - dann werden die Baustellen mit Sicherheit wesentlich geduldiger ertragen.

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